Stipendium zur Förderung der künstlerischen Praxis im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie beim Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Residenzen im Theater Waldkirch e.V

Konzepterstellung für Zirkustheater und Kunst an und mit freistehenden Alltagsobjekten im öffentlichen Raum

 

Ich werde in diesem Blog ein paar Einblicke in meine Arbeit mit diesem Stipendium geben. Hier ein Auszug aus meinem Projektantrag:

Ein mobiles Fenster auf rollenden Beinen soll hier als Metapher und Rahmen dienen für die künstlerische Auseinandersetzung mit der Frage: Wie kann wahrhaftige Begegnung in Zukunft aussehen? Welche Bedeutung hat darin die live Kunst im Wandel des aktuellen Weltgeschehens? Mit Hilfe von 2-3 Künstler:innen, dem Objekt Fenster und Zuschauer:innen/Mitwirkenden, will ich als Regisseurin untersuchen wie wirkliche zwischenmenschliche Resonanz stattfindet. Eine Scheibe – „coronakonform“- verbindet und doch kaum merkbar trennt sie. Die Recherche setzt bei der These an, dass die aktuelle Krise, eine Chance sein können muss! Vielleicht um dem Künstlerischen in unserer Welt neue Räume zu geben, indem wir es mehr in den Alltag holen und jedem Menschen zugänglich machen?

30.07.2021

Im verstaubten, uralten Kornspeicher des 300jährigen Klausenhofs…

…findet sich dieses wunderschöne, alte Fenster. Große Freude über diesen so passenden Fund und viele neue Aussichten…

08.09.2021

Ein Fenster bekommt  Beine gemacht

Möglichst schlicht soll es werden. Möglichst stabil für  Experimente mit körperlichen Elementen aus Akrobatik und Tanz, möglichst leicht zu transportieren, möglichst viele Optionen haben, um in verschiedenen Richtungen  recherchieren und mit vielfältigen Künsten daran, damit, drumherum und darin forschen zu können.

23.09.2021

Auf eigenen Füßen fest im Leben stehen. Das können sicherlich nicht viele Fenster.

 

Dieses schon!

Und so kann’s los gehen! Ich freue mich sehr auf die Recherche um dieses Objekt. Ich bin gespannt auf die erste Residenz  im Theater Waldkirch e.V. Anfang Oktober mit zwei  Künstlerinnen  aus den zeitgenössischen Zirkuskünsten Carola Kärcher (www.carola-kaercher.de) Handschattenspiel/Musik und Lea Litte (www.lesmatdams.com), Akrobatik/Tanz/Musik.

01.10.2021

1. Tag Recherche: Outdoor. Erforschung von Perspektiven, dem „veränderten Blick“, Publikumswirkung

mit Lea Litte und Carola Kärcher

 

 

 

BLICK WINKEL

 

 
 
 

 

 

 

 

 

 

BILDER              FENSTER           RAHMEN

 

 

 

 

 

Folgende Fragen eröffnen die Recherche:

Was braucht es, damit das Fenster nicht nur „so herum steht“, sondern Teil einer Szene ist?

Wie entsteht ein Bezug zwischen dem Fenster zu Dingen/Menschen/Aktionen?

Welche Blickwinkel ziehen unsere besondere Aufmerksamkeit auf sich?

 

 

alles eine Frage der Perspektive?

 

 

 

 

Der veränderte Blick

 

 

Einer der Gründe ,  weshalb ich das freistehende Fenster als Recherche Objekt gewählt habe war der veränderte Blick auf die gleiche Landschaft dahinter, sobald man hindurch schaut. Es hat mich fasziniert, wie sehr mir die gleiche Welt auf einmal anders erschien.

Geht das jedem Mensch so?

 

Sowohl meine mitwirkenden Künstlerinnen als auch die Menschen, denen mein Fenster bei ihrem nachmittäglichen Sonnenspaziergang als freundliche Aufforderung sich zu wundern im Weg stand, bestätigten den Effekt.

Es ist, als ob die Welt anders sei.

Warum?

Man schaut bewusster hindurch, das mag die eine Sache sein. Aber ist das alles?

 

 

 

 

überraschend vielfältige und vielversprechende Aussichten nach Tag 1…

 

 

 

02.10.2021

2. Tag Recherche: Indoor. Erforschung von dem „was Begegnung ausmacht“ und welche Settings mit dem Fenster für Künstler*innen eine Nutzen bringende Plattform wären.

 

 

 

 

 

Weiter geht’s im Theater Waldkirch e.V., welches mich sehr freundlich mit zwei Künstlerresidenzen unterstützt.

Nach der direkten praktischen Recherche gestern mit dem Fenster draußen beginnen wir diesen Tag  mit Reflektion zum Erlebten und theoretischen Überlegungen. Unter Anderem beleuchten wir folgende Fragen: In welcher Form kann dieses Fenster Menschen für ihre Künste eine Plattform bieten? Was wäre der Mehrwert,  Kultur durch solch ein Fenster darzustellen und zu erleben? Auf welchen Wegen könnte man mit dem Publikum in Kontakt treten? Was bedeutet in Kontakt treten überhaupt?

Sehr schnell wird deutlich und mir immer bewusster, wieviel Potential in diesem Fenster steckt und wieviele Formen denkbar sind. Als wir dann in die Praxis einsteigen, bestätigt sich diese Annahme in vielen faszinierenden Experimenten und Improvisationen.

Hier gehe ich nun auf ein paar ausgewählte Aspekte als kleinen Einblick ein.

 

„Im Blick kommt die Seele ans Fenster“  

Mit diesem Zitat von August Pauly steigen wir ein,  in die Erforschung von Begegnung.

Was genau macht eigentlich menschliche Begegnung aus? Oder was wird durch die aktuellen Maßnahmen gegen COVID 19 weggenommen, was die Begegnungsebenen so schwer stört, dass man sie oft kaum noch Begegnung nennen kann?

 

 

 

Mit kleinschrittigen Experimenten versuchen wir verschiedene Begegnungsmomente zu analysieren.

 

Das Fenster wird mit tänzerisch-akrobatischen Elementen der zeitgenössichen Zirkuskünste von Lea Litte (links und unten) ausprobiert und mit Leinwänden, Händen und Handschattentheaterkunst von Carola Kärcher (rechts) erkundet.

 

 

 

Begegnung in mehreren Ebenen.

Beide Künstlerinnen gehen mit ihren verschiedenen Ausdrucksformen gemeinsam in Zwiesprache.

11.10.2021

Gestern bin ich auf einen, im Bezug auf meine Recherchen,  sehr spannenden und empfehlenswerten  Film in der Arte Mediathek gestoßen:

„Die Macht der sanften Berührung“ der Regisseurin Dorothee Kaden

https://www.arte.tv/de/videos/089055-000-A/die-macht-der-sanften-beruehrung/

Kurzbeschreibung:

Berührungen prägen unser ganzes Leben. Sie machen uns zu sozialen Wesen und beeinflussen, wie wir Stress oder Schmerzen wahrnehmen, wem wir vertrauen, wen wir lieben. In einer Zeit des Social Distancing ergründen Forscher, welche Prozesse Berührungen in uns auslösen – und was mit uns passiert, wenn sie fehlen.

19.10.2021

Bewegungsrecherche mit der Tänzerin Antonia Bischof.

Mit dieser Künstlerin war voll und ganz die Bewegung, Kontakt, Nähe und Distanz im Bezug auf das Objekt Fenster im Fokus. Das Fenster auf Rollen eröffnet hierbei noch einmal zusätzliche Möglichkeiten.

Auch haben wir das Fenster als Vorhang und Bühne in einem für theatrale Texte und Schauspielerisches untersucht. Themen die hier auch wieder aufgetaucht sind und in Zukunft vertieft werden wollen: Offenheit und Verschlossenheit: Fenster zu, innerlich zu.? Fenster auf, innerlich auf.? Sich gegenüber offen oder verschlossen sein/der Welt gegenüber offen oder zu sein…

27.12.2012

Zum Schluss

 

Das Ergebnis meiner Recherchen zeigt, dass mit diesem Fenster auf Beinen unzählige künstlerische Konzeptideen und Formate möglich sind. Besonders freut mich die Erkenntnis, dass meine Idee in der Praxis aufzugehen scheint und es drei Dinge vereint: es ist zum Hygieneschutz- gleichzeitig ein künstlerisches Konzept und bindet perfekt an aktuelle, gesellschaftliche Themen an!
Schon jetzt ist klar: Es gibt mehrere Richtungen, in die ich mit diesem Fenster auch über das Stipendium hinaus, weiter recherchieren möchte!

 

Als Abschluss ein Video einer Vorführung von Carola Kärcher Handschattentheater.

„Adventsfenster: Kulturüberraschung für eine Person“.

Eine Idee, die aus dieser Konzeptarbeit inspiriert und zur Aufführung gebracht wurde.

 

 

 

 

Danke:

An das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst für das Projektstipendium, welches mir erlaubt hat, in der sehr ungewissen und verunsichernden Corona Zeit diese Recherche verwirklichen  zu können.  Herzlichen Dank auch an Felizitas Adobati und das Theater Waldkirch für die sehr freundliche Kooperation. Ich bedanke mich von Herzen für die inspirierende und vertrauensvolle Zusammenarbeit  bei Carola Kärcher, Lea Litte und Antonia Bischof.  Und ein großes Dankeschön an Simon Behrle, für die Unterstützung bei der Erstellung dieses Blogs.